SCHICHT-

WERK

SCHLAG

ZEUG

PIANO

COMPUTER


Schicht 1

RollWerk: «Originalkompositionen für mechanisches Klavier»


Das bekannteste amerikanische Fabrikat war das Pianola der Aeolian Company, das in der ersten Ausführung 65 Klaviertöne spielen konnte und ab 1902 in Deutschland angeboten wurde. Kurz darauf erschien die Phonola (der weibliche Artikel sollte auf die Sensibilität des Anschlags und auf die Eleganz der Wiedergabe hinweisen) der Firma Hupfeld aus Leipzig, die 73, bei späteren Modellen 88 Töne betätigen konnte.


Die Notenrollen wurden zur damaligen Zeit von Arrangeuren gezeichnet, d.h., das Musikstück wurde metrisch exakt nach der Partitur auf eine Papierrolle übertragen und anschliessend gestanzt. Diese «gezeichneten» Notenrollen enthielten keinerlei Merkmale einer Interpretation – diese war ausschliesslich dem Pianola- Spieler überlassen. Zum Betätigen einer Phonola legt der «Musizierende» eine Notenrolle ein, setzt sich vor das Instrument und betätigt zwei Pedale. Dadurch wurde über zwei grosse Bälge ein Vakuum erzeugt, das zum einen den «Windmotor» in Aktion setzt, der die Notenrolle mit konstanter Geschwindigkeit über den Gleitblock zieht, zum anderen die Tonbälge nach Massgabe der Befehle der Notenrolle leer saugt und somit die entsprechenden Hämmer des Klaviers betätigt. Der Spieler hat nun die Möglichkeit, durch schwächeres oder stärkeres Treten die Höhe des Vakuums und damit die Anschlagstärke zu beeinflussen. Durch zusätzliche Hebel kann er beispielsweise zur Erzielung von Accelerandi oder Ritardandi die Geschwindigkeit der Notenrolle verändern.


Gespielt werden u.a. Werke von Hindemith, Tenny, Heisig und Conlon Nancarrow. Durch die Weke des Komponisten Conlon Nancarrow, der sein ganzes Lebenswerk dem Player Piano widmete, geriet es wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit und nahm mit seinen Kompositionen die Möglichkeiten der heutigen Computermusik um Jahrzehnte vorweg.


www.heisigrollen.de




Schicht 2

KlangWerk: Werke für Schlagzeug, Klavier, Metronom und Computer



«Ionisation» (1931) für 13 Schlagzeuger

Edgar Varèse (1883-1965)


Ionisation – ein komplexes, sensitives Spiel rhythmischer Klangbegegnungen mag an Kollisionen von Molekülen erinnern und Varèse zum Titel seines Werkes bewogen haben. 43 Schlaginstrumente entwickeln ein geheimnisvolles Gewebe von Geräuschen: Überlagerung von Ereignissen, pulsierende und verwehende Rhythmen, ineinandergreifen von Ferne und Nähe, erklingende Sirenen... Assoziationen zu charakteristischen Klängen einer Grossstadt werden wach.



«Piece for Four Pianos» (1957)

Morton Feldman (1926-1987)


«Meine Absicht war nie zu komponieren im Sinne der gebräuchlichen Praxis, sondern Klänge in die Zeit zu projizieren.» Nach der Stadt und der Hektik folgt hier die Natürlichkeit, die Ruhe ausstrahlt, indem das Dazwischen und das Schwebende wichtig wird. Alle vier PianistInnen spielen die gleiche Stimme, entscheiden aber unabhängig über das Tempo. Dadurch gestaltet sich das Klangereignis immer wieder anders.



«Cue» (2012) Ein Netz Werk von acht Schlag Zeugen und Live Elektronik (Uraufführung)

Daniel Weissberg (1954)


Musik, die Bezug nimmt auf die Welt der Fabrik, gibt es wohl, seit es Fabriken gibt. In meiner Komposition wird ein Bezug hergestellt zur Fabrik und zu industriellen Produktionsvorgängen von heute. Zwar gibt es sie noch, die lärmigen Stahlschmelzen und Eisengiessereien. Für diese Komposition ist jedoch eher die computerisierte von komplexen Regelmechanismen geprägte moderne Fabrik Pate gestanden.


Die acht Schlagzeugerinnen und Schlagzeuger sind um das Publikum verteilt. Sie spielen sowohl musikalisch wie auch technisch betrachtet in einem Netzwerk gegenseitiger Abhängigkeiten. So steuern sie wechselseitig die live-elektronische Klangverarbeitung der Schlagzeugklänge, generieren über Lautstärke und Tempo ihres Spiels Anweisungen für die anderen und damit gegenseitige Abhängigkeiten. Die Netzwerktechnik wird aber auch dazu verwendet, Abläufe und unterschiedliche Tempi zu synchronisieren, die ohne die Abhängigkeit von dieser Technik nicht realisierbar wären. Ein ambivalentes Spiel individueller, kollektiver und maschinengenerierter Entscheidungsverläufe.



«Poèmes Symphonique» (1962) für 100 Metronome

György Ligeti (1923-2006)


Die Klanginstallation entstanden aus einer Kindheitsidee des Komponisten György Ligeti: Ein Orchester bestehend aus 100 verschieden eingestellten Metronomen. Eine mechanisch tickende Musik, die ins Unendliche vervielfältigt wird, bis am Ende nur noch ein einzelnes Ticken übrigbleibt.





Schicht 3

StahlWerk: «Ballet Mécanique» (1924) für 2 Player Pianos,

4 PianistInnen, 12 Schlagzeuger, elektrische Glocken und Flugzeugpropeller | George Antheil (1900-1959)


«Meine Absicht war es, dem Zeitalter, in dem ich lebe, sowohl die Schönheit wie auch die Gefahr seiner unbewussten mechanischen Philosophie und Ästhetik klarzumachen. Wie ich es betrachte, war mein Ballet stromlinienförmig, glitzernd, kalt und häufig ebenso heiss wie ein elektrischer Glühofen.» (George Antheil)


Antheil entdeckte die den Maschinen innewohnende Schönheit und entwickelte eine eigene Musikästhetik. Im Mittelpunkt steht quasi als «Solist» das Player Piano, das vorwiegend perkussiv verwendet wird. Harte Dissonanzen, ausgedehnte Cluster, Akkordballungen sowie ragtime-artige Sequenzen unterstreichen die Maschinenmusik. Neuartig sind permanente Wiederholungen rhythmisch strukturierten Phasen, rasende Tonkaskaden und Geschwindigkeitsüberlagerungen sowie 20 Sekunden andauernde Perioden der Stille – einige Jahrzehnte vor John Cage.


Die Uraufführung  des «Ballet Mécanique», das mit ungehörten Klängen provozierte, führte 1926 in der Carnegie Hall New York zu einem Skandal. Antheil wurde über Nacht berühmt. Die ursprünglich Vision des «Ballet Mécanique» mit 16 mechanisch gesteuerten Klavieren und Schlagwerkapparat aufzuführen, liess sich nicht umsetzen. Im heutigen Konzert erklingt die Original Version (Verlagspublikation) von 1924 mit Player Pianos.


Der Titel «Ballet Mécanique» geht auf die gleichnamige aus Autoteilen bestehende Metallskulptur von Francis Picabia zurück, die wiederum Ideen für den Film von Léger & Murphy lieferte. Ursprünglich sollte die Musik und der Film zu einem Kunstwerk zusammengefügt werden (PausenWerk).




FilmWerk: «Ballet Mécanique» Stummfilm von Ferdinand Léger & Dudley Murphy (1924)


Der Film «Ballet Mécanique» hat Fernand Léger zusammen mit dem amerikanischen Filmkünstler Dudley Murphy realisiert. Er sollte ursprünglich die Bilder zur Musik von George Antheil liefern – die Musik als Soundtrack zum Film erklingen. Wegen Problemen bei der Synchronisation von Musik und Film sind zwei eigenständige Werke entstanden. Der surrealistisch-dadaistische Film gilt als eines der wichtigsten und einflussreichsten Werke der europäischen Avantgarde der 1920er Jahre. Zentrales Thema des Films sind die Gegensätze zwischen Natürlichen und Künstlichen, zwischen Mensch und Maschine. Automatisierte Motoren, sich wiederholende Kreise und Dreiecke beginnen genauso zu tanzen wie leblose Beinprothesen. Vom Geschehenen wird abgelenkt und die Illusion offen gelegt.